Insolvente Energieversorger, Krieg in der Ukraine, knappere Rohstoffe: Wie sicher ist die Energieversorgung für Garbsen? Darüber haben wir mit Daniel Wolter, Geschäftsführer der Stadtwerke, gesprochen.

erschienen in HAZ und NP / Autor: Markus Holz

Garbsen. Wenn bei den Stadtwerken Garbsen ununterbrochen das Telefon klingelt, weiß Daniel Wolter: Irgendetwas ist gerade außergewöhnlich. Im Februar klingelt es öfter als sonst im Jahr, weil viele Kunden Rückfragen zu ihrer Jahresrechnung haben. Das ist normal. In diesem Februar klingelt es noch öfter. Kunden sind wegen des Krieges in der Ukraine besorgt bis sehr verunsichert. Bekommen sie in drei Wochen noch Gas? Explodiert jetzt der Preis? Im Gespräch mit der Redaktion erklärt Wolter Fakten und Hintergründe. Seine wichtigste Botschaft: „Niemand muss sich derzeit Sorgen machen.“

Geschäftsführer Daniel Wolter
Garbsen wird, anders als etwa zwei Drittel der deutschen Gashaushalte, mit dem sogenannten L-Gas versorgt. Das L steht für „low calorific“ (niedriger Energiegehalt) im Gegensatz zu H für „high calorific“ (hoher Energiegehalt). L-Gas kommt in geringen Mengen aus Deutschland, überwiegend aber aus dem niederländischen Bohrfeld bei Groningen. Es ist die Hauptgasquelle für die Niederlande. H-Gas kommt unter anderem aus Russland und Norwegen. Für beide Gasarten gibt es getrennte Netze. Das H-Gas lässt sich in L-Gas umwandeln, ebenso umgekehrt. „Deutschland könnte solche Anlagen binnen sechs Monaten bauen, dafür müssten aber jetzt die Entscheidungen getroffen werden“, sagt Wolter. Mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland macht ihm der jetzige Rest des Winters keine Sorge, wohl aber der nächste Winter.
Ja, verspricht Wolter. „Wir haben ausreichend Gas für unsere rund 10.000 Kunden eingekauft. Jeder kann beruhigt sein. Auch für die mehr als 1100 Neukunden reichen unsere Liefermengen. Ich sage das nicht, weil es gut klingt, sondern weil das für uns oberste Priorität hat. Dafür haben wir wieder das Qualitätssiegel TOP-Lokalversorger erhalten“, sagt Wolter. Das Siegel wird jährlich vom Energieverbraucherportal an Energie- und Wasserversorger verliehen. Kriterien sind faire Preise, Transparenz, Service und lokales Engagement.

Anfang Dezember 2021 verschwand der Energiediscounter Stromio vom Markt. Unter den Marken „gas.de“ und „Grünwelt Energie“ bot das Unternehmen Gas und Strom zum Discountpreis an. Die Stadtwerke haben mehr als 1100 Stromio-Kunden aufnehmen müssen. Sie sind dazu als Grundversorger verpflichtet. Zu den Preisdifferenzen einzelner Versorger sagt Wolter: „Das liegt an der Einkaufsstrategie. Die Stadtwerke Garbsen kaufen den Großteil des Erdgases in Tranchen etwa ein bis drei Jahre im Voraus. Das minimiert das Risiko. Darum sind wir nicht gezwungen zu kaufen, wenn Energie gerade so teuer ist wie aktuell.“

Wer so langfristig Energie einkaufe, sei zwar nicht unabhängig von Preisspitzen. Er sei aber schwächer betroffen als ein Billiganbieter, der kurzfristig einkauft, weil er auf günstige Preise spekuliert. „Bleiben die Preise dauerhaft hoch oder steigen sie kontinuierlich, verteuern solche Energieversorger ihre Tarife übermäßig oder steigen ganz aus dem Markt aus“, sagt Wolter.
Interessanter Effekt für die Stadtwerke: Sie haben wegen des Ausstiegs von Stromio zusätzliche Kunden von anderen Versorgern gewonnen. „Verbraucher haben unsere Preise auf Vergleichsportalen mit den Tarifen anderer Versorger verglichen und festgestellt: So viel teurer ist das bei den Stadtwerken Garbsen nicht“, sagt Wolter.

Die Stadtwerke haben den Erdgaspreis gerade um 0,98 Cent pro Kilowattstunde brutto erhöht. „Das ist in der aktuellen Situation im Vergleich mit anderen moderat“, sagt Wolter. Die Strompreise sind derzeit konstant. „Unsere Kunden müssen sich keine Sorgen über Preisexplosionen oder eine unsichere Belieferung machen. Wir arbeiten seriös“, sagt Wolter, „die Stadtwerke und ihre Kunden stehen gut da.“

Das Kundencenter der Stadtwerke am Kochslandweg ist seit Dienstag, 1. März, wieder geöffnet: montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr, freitags bis 13 Uhr. Die Beratungsplätze waren deutlich länger als in anderen Dienstleistungsunternehmen geschlossen, weil die Stadtwerke zur kritischen Infrastruktur zählen. „Wir hatten außerdem im Dezember und Januar eine kleine Corona-Welle im Unternehmen und in dem Callcenter, das uns während der Phase der Jahresabrechnungen unterstützt hat“, sagt Wolter. „Es gab viele Beschwerden über unsere Erreichbarkeit“, sagt er, „wir bedauern das sehr – trotz aller für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebotenen Vorsicht.“